Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Bürgermeisterkandidaten für die Beantwortung unserer Fragen
Nachfolgend können Sie die Antworten von A. Noak und M. Groh miteinander vergleichen. Hier können Sie die Antworten der beiden Kandidaten einzeln herunterladen
Fragenkatalog an Bürgermeisterkandidaten
1. Werden Sie den Regionalen Gewerbeschwerpunkt Müllerheim (RGS) weiter unterstützen?
Antwort A. Noak:
Bei der Beurteilung des Gewerbeschwerpunktes bin ich absolut ergebnisoffen. Tatsache ist, dass die Lagegunst für die Ansiedlung von Gewerbe in Korntal-Münchingen gute Voraussetzungen bietet. Die Region Stuttgart ist ein höchst attraktiver Wirtschaftsstandort und einer der erfolgreichsten im europäischen Vergleich. Der Regionale Gewerbeschwerpunkt birgt die Chance, die Finanzkraft der Stadt nachhaltig zu stärken. Er könnte so einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung unserer kommunalen Aufgaben und zum Ausbau und Erhalt unserer wichtigen Freizeit- und Kultureinrichtungen leisten. Deshalb ist es geboten, sich ernsthaft mit dem Projekt auseinanderzusetzten.
Tatsache ist aber auch, dass bei einer weiteren Gewerbeansiedlung in diesem Bereich der Landwirtschaft und den Umweltinteressen viel abverlangt würde. Das bedeutet konkret: Altes Bauernland mit besten Böden ist wegen der Verkehrsanbindung und der in den letzten Jahrzehnten entstandenen Wohn- und Gewerbestruktur zugleich potentielles Bauland für Gewerbe geworden. Widersprüchliche Interessen stoßen hier aufeinander. Diese müssen sachlich beurteilt und von allen Seiten beleuchtet werden. Wenn der regionale Gewerbeschwerpunkt unterstützt werden kann, dann nur, wenn sich für unsere Stadt ökonomische Chancen bieten. Es ist nicht zu leugnen, dass Korntal-Münchingen bereits die Lasten vielfältiger überregionaler Infrastruktur (Straßen) zu tragen hat, ohne ausreichend am ökonomischen Ertrag zu profitieren. Wenn überhaupt muss ein nachhaltiger Gewerbeschwerpunkt entstehen, der auch die ökologischen und sozialen Aspekte berücksichtigt. Hier wären aus meiner Sicht alle Register des kommunalen Planungsrechts zu ziehen und Festlegungen konsequent einzufordern. Die Entscheidung für oder gegen den RGS ist eine zukunftsweisende. Die Interessen der gesamten Bürgerschaft sind betroffen. Deshalb sind alle offenen Fragen vor einem Aufstellungsbeschuss zu klären. Und deshalb sollte die Bürgerschaft nicht außen vor gelassen werden.
Daher plädiere ich bei dieser Frage für die Durchführung eines Bürgerforums mit einem nachgeschaltetem Bürgerentscheid. Letzteres wurde in Baden-Württemberg bisher 40 mal erfolgreich veranstaltet.
Antwort M. Groh:
Nein, den Regionalen Gewerbeschwerpunkt Müllerheim werde ich nicht unterstützen. Mangelnde Einbeziehung der Initiativen, fehlende Informationen und eine Risikoabwägung im Zusammenhang mit der galoppierenden Verschuldung sowie der Verlust wertvoller landwirtschaftlicher Böden machen eine Unterstützung unmöglich. Die kommunalwirtschaftlichen Aspekte sprechen zudem deutlich gegen eine Verfolgung dieser Planung.
2. Laut den Berechnungen von Dr. Thilo Sekol (Experte für Kommunale Finanzen) sind die durch den RGS realistisch zu erwartenden Gewerbesteuereinnahmen bei weitem nicht ausreichend, um die Finanzlöcher der Stadt zu stopfen. Nehmen Sie bitte Stellung zu diesen Berechnungen.
Antwort A. Noak:
Die systematisch richtige Berechnung der zu erwartenden Gewerbesteuereinnahmen durch den RGS will ich nicht anzweifeln. Herr Dr. Thilo Sekol erklärt die Mechanismen des kommunalen Finanzausgleiches nach dem Finanzausgleichgesetz Baden-Württemberg, die auch Grundlage für die jährliche Erstellung des Haushaltsplanes der Städte und Gemeinden sind. Eine pauschale Aussage für die Stadt Korntal-Münchingen lässt sich davon nicht ableiten. Gleichwohl müssen bei der Kalkulation der zu erwartenden Erträge aus dem Regionalen Gewerbeschwerpunkt diese Ausgleichsmechanismen Berücksichtigung finden.
Antwort M. Groh:
Die von Herrn Dr. Sekol dargestellten kommunalwirtschaftlichen Zusammenhänge entsprechen der vorherrschenden Meinung zur Finanzierung von Städten und Gemeinden. Die zunehmende Verdichtung im Ballungsgebiet Stuttgart, Heilbronn, Karlsruhe und Mannheim ist allgegenwertig und zeigt, welche Verdrängungseffekte im wirtschaftlichen Sinne damit einhergehen. Die Berechnung von Grundsteuererträgen ist schlüssig, muss jedoch noch in Abhängigkeit der zukünftigen Entscheidungen im Hinblick auf die Grundsteuerreform und damit verbundenen Veränderungen der kommunalen Hebesätze betrachtet werden. Gehen wir von einem aktuellen Ist-Zustand aus, darf in Abhängigkeit zur Schlüsselzuweisung der angegebene Betrag erwartet werden. Spannend betrachtete ich die Darstellung der Gewerbesteuererträge in Abhängigkeit zu den Faktoren der FAG-Umlage sowie der Schlüsselzuweisungen. Ich teile an dieser Stelle die Einschätzungen von Dr. Sekol vollumfänglich, da die effektive Gewerbesteuer durch die bereits genannten Parameter geschmälert wird. Somit stehen die zu erwartenden Einnahmen in einem äußerst negativen Verhältnis zur beanspruchten Fläche und damit zum gesamten Projekt. Es muss befürchtet werden, dass die Anpassung der Umlagen (GewSt. / Kreis / FAG) in den kommenden Jahren (Jahrzehnten) vollzogen werden muss. Die Anpassung dieser Faktoren würde den negativen Einfluss auf die erwarteten Einnahmen steigern und den RGS unwirtschaftlicher machen. Deutlich wird diese Annahme, durch die kalkulatorische GUV-Rechnung. Gewinne und Verluste der RGS-Planung werden gegenübergestellt und kumuliert verzinst. Bei einer derartigen Investition ist mit einer Amortisation jenseits der 2070er Jahre zu rechnen. Wobei die laufenden Kosten erstmalig in den späteren 2020er Jahren durch Einnahmen getragen werden könnten. Die Finanzierung der Maßnahme wird somit auf die kommenden Generationen verlagert und widerstrebt somit dem Ziel der Generationengerechtigkeit in kommunalen Entscheidungsprozessen. Die Plausibilität der vorgelegten kalkulatorischen Rechnung muss anerkannt werden, gleichzeitig stützt es meine Vermutung, dass der Regionale Gewerbeschwerpunkt keinen derartigen positiven Einfluss auf die kommunale Finanzierung nimmt, wie dies zu Beginn dargestellt wurde.
3. Wie stehen sie zu weiteren Neubaugebieten in Korntal-Münchingen? Wie stehen Sie zur weiteren Flächenversiegelung durch Wohn- bzw. Gewerbegebiete?
Antwort A. Noak:
Ich möchte zukünftig einen anderen Schwerpunkt setzen. Weg von weiterem Wachstum, hin zum Erhalt und Ausbau unserer Infrastruktur. Wir werden auf Grund der auf den Weg gebrachten Neubaugebieten Korntal-West und Südlich Werre sowie den sonstigen Innenverdichtungsprojekten kurzfristig um weitere 1.500 Einwohner anwachsen. Unsere Infrastruktur, Krippen, Kitas, Hort, Schulen, Sport- u. Freizeiteinrichtungen, Pflegeeinrichtungen sowie die ärztliche Versorgung haben dadurch bereits Nachholbedarf. Gleichschritt ist das Gebot der Stunde. Weitere Neubaugebiete sehe ich kritisch. Ich setze mich deshalb ein für Wachstum mit Augenmaß, nicht um jeden Preis. Ich möchte nach der Devise: Innenentwicklung vor Außenentwicklung, handeln. Es gilt die Potentiale etwa durch den Generationenwandel zu nutzen. Leerstände sind anzugehen. Im Zuge der Herausforderungen des Klimawandels bieten sich nachhaltige Wohngebietserneuerungen an. Sinnvolle Nachverdichtung wäre mit Klimaschutz, Umwelt- und Lebensqualität zu verknüpfen.
Ich möchte den Fokus vor allem auch auf die Neuordnung von nicht geordneten Gewerbeflächen und die Hebung von Potentialen im Bestand richten. Wie z.B. das Greutter-Aichelin Gelände.
Antwort M. Groh:
Flächenversiegelung ist ein großes Risiko für die Biodiversität unserer Stadt. Korntal-Münchingen konnte über viele Jahre hinweg mit dem Prädikat „Gartenstadt“ punkten und zeigt diese Struktur insbesondere in den „älteren“ Wohnbaugebieten. Meine große Befürchtung ist, dass die aktuelle Politik den sog. „Donuteffekt“ verstärken. Kurz gesagt, die Innenstädte sterben aus und die Randbereich florieren. Bereits 2021 erklärte die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (Frau Ettinger-Brinckmann), dass das Gebot der Stunde sei, die Innenstädte weiter zu entwickeln, statt immer wieder neue Baugebiete auszuweisen. Die Folgen dieser Entwicklung liegen auf der Hand, weitere Baugebiete benötigen weitere Straßen, Kanäle, Leitungen, öffentliche Einrichtungen, etc. Mehr Vielfalt im Bestand muss das Credo der Stadt Korntal-Münchingen sein. Ich meine damit nicht, dass sämtliche Gärten mit weiteren Häusern aufgefüllt werden sollen, sondern der Leerstand muss angegangen werden. Sozialverträgliche Ideen, um ein „Quartier“ zu entwickeln und die Wege für alle Beteiligten (von jung bis alt) kurz zu halten, müssen den politischen Alltag prägen. Neben dem sozialen Miteinander können so auch ökonomische Aspekte und Klimaaspekte berücksichtigt werden. Bei der gewerblichen Entwicklung der Stadt Korntal-Münchingen möchte ich in erster Linie die baulichen Lücken und die direkten potentiale der bisherigen Gebiete nutzen. Der einfache Weg auf die „grüne Wiese“ darf nicht unser Ziel sein. Eine Steigerung der gewerblichen Entwicklung ergibt sich zudem häufig aus den bestehenden potentialen der Firmen. Diese werden auch in Korntal-Münchingen wachsen und an Kapazitätsgrenzen kommen, weshalb eine gezielte Wirtschaftsförderung für unsere Stadt wichtig ist. Fazit ist somit, dass ich so wenig wie nötig in Neubaugebiet und weitere Flächenversiegelungen investieren möchte.
4. Wie stellen sie sich die Zusammenarbeit mit Naturschutz und Landwirtschaft konkret vor? – Auf welche Art wollen sie diese in die Lokalpolitik einbeziehen?
Antwort A. Noak:
Im Ballungsraum Stuttgart haben Naturschutz und Landwirtschaft einen schweren Stand. Das zu erkennen, und danach zu handeln, ist Aufgabe des Bürgermeisters und der Verwaltung. Der Bürgermeister kann die Möglichkeiten nutzen, im Rahmen kommunalpolitischer Entscheidungen den Interessen des Naturschutzes und der Landwirtschaft verdiente Beachtung einzuräumen. Wichtig ist mir ein regelmäßiger Austausch. Dazu gehört z.B. auch die jährliche Felder-Rundfahrt. Als Bürgermeister legte ich großen Wert darauf, in engem Kontakt mit der Landwirtschaft und den Naturschutzverbänden zu stehen. Bei vielen kommunalen Projekten sind Landwirtschaft und Naturschutzverbände betroffen. Ihre Belange müssen berücksichtigt werden. Wie bereits betont: Es ist mir wichtig den Klima- und Umweltschutz bei allen kommunalen Aufgaben und Projekten mitzudenken. Ich möchte von den Expertisen der Landwirtschaft und der Natur- und Umweltverbände profitieren und sie von Anfang an als Berater in wichtige Projekte mit einbinden.
Antwort M. Groh:
Bereits bei ersten Überlegungen zu Veränderungen sollten Naturschutz und Landwirtschaft in meinen Augen eingebunden werden. „Keiner kennt die Böden besser, als die Menschen, die täglich damit arbeiten!“ Für mich ist es wichtig, dass die Interessensvertretungen in einer direkten Beteiligungsform eingebunden werden. Dies erhöht bereits zu Beginn von Planungen die Akzeptanz und verhindert Spannungen und Reibungsverluste im weiteren Verlauf. Vom einfachen Anruf bis zum runden Tisch oder gar in Arbeitskreisen ist die Einbeziehung denkbar. Dieses Merkmal kann man im Verlauf je nach Projekt auch abwandeln, manchmal werden genauso andere Interessensvertretungen zur Partizipation aufgerufen sein. Gemeinsame Workshops und Arbeitskreise in regelmäßigen Abständen könnten Möglichkeiten sein. Direkte, offene und ehrliche Beteiligung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist oberstes Gebot und muss als Grundsatz für die Zusammenarbeit dienen.
5. Wo sehen Sie die dringlichsten Aktionsfelder für den Natur- und Umweltschutz in Korntal-Münchingen?
Antwort A. Noak:
Umwelt-, Natur- und Klimaschutz muss bei allen kommunalen Projekten mitgedacht werden.
Im Sinn gelebter Nachhaltigkeit müssen auf den Prüfstand: Energiesparmaßnahmen im öffentlichen Bereich, klimaneutrales Bauen, Umweltverträglichkeit von Bebauungsplänen, Begrünung der Ortskerne und Steigerung der Biodiversität. Es gilt, dass Ruder herum zu reißen. Alles andere wäre Zukunftsverweigerung. Ein Initiativprogramm mehr Natur in Dorf und Stadt wäre für Korntal-Münchingen aufzulegen, verbunden mit einem Beratungsangebot für Haus- Wohnungs- und Grundbesitzer.
Antwort M. Groh:
Die nachfolgenden Punkte erachte ich aktuell als wichtige Aktionsfelder: - RGS - Biotopverbundplanung - Klimaneutralität der Stadt - Schutz der ökologischen Vielfalt (bspw. Seewald) - Bildungsarbeit im Bereich der Ökologie
6. Landwirtschaft und Naturschutz haben vor einigen Jahren an einem Biotopverbundplan mitgearbeitet. Dieser existiert bisher nur auf dem Papier. Wie möchten sie diesen umsetzen und inwieweit werden Landwirtschaft und Naturschutz auch an der Umsetzung beteiligt? Welche Möglichkeiten der Entschädigung für die Landwirtschaft sehen Sie dabei?
Antwort A. Noak:
In der Tat sollten, schon wegen der Herausforderungen des Klimawandels mit Perioden von Dürren einerseits und Starkregen andererseits, die "bisherigen Gedanken" fortgeschrieben und umgesetzt werden.
Ich räume ein, mit dem Biotopverbundplan nicht genauer befasst zu sein. Ein Zustand, den ich rasch ändern will. Einen Gedanken will ich aber schon aufwerfen und zwar die Einrichtung von Großzisternen um zu Zeiten von Hitzespitzen und Trockenzeiten Bewässerungs-möglichkeiten zu eröffnen.
Antwort M. Groh:
Definitiv funktioniert eine Biotopverbundplanung und –umsetzung ausschließlich unter der Einbeziehung der Landwirtschaft und des Naturschutzes. Ich rede hierbei erneut von direkter Beteiligung der Akteure, da dies für den Erfolg dieser Planung entscheidend ist. Für entsprechende Flächen, welche bspw. künftig nicht mehr oder nur noch eingeschränkt bewirtschaftet werden können, müssen Entschädigungen erfolgen. Denkbar wären hier monetäre Entschädigung, die jedoch oftmals nur symbolischen Charakter entfalten können. Idealerweise könnten Entschädigung über Tauschflächen sichergestellt werden, wobei die rechtlichen Voraussetzungen durch die Stadt geschaffen werden müssen. Das Motto muss lauten, keine soll schlechter gestellt werden. Selbstverständlich muss jedoch das Ziel sein, die Biotopverbundmaßnahmen gezielt dort stattfinden zu lassen wo sie wirken, um zusätzliche Flächenverbräuche zu vermeiden. „Es müssen also produktionsintegrierte Vernetzungen der bestehenden Kernflächen erfolgen“.
7. Für Ausgleichsflächen für Bauvorhaben muss in den allermeisten Fällen die Landwirtschaft wertvolle Flächen opfern. Wie wollen Sie die Ausgleichsflächen Problematik für zukünftige Bauprojekte angehen?
Antwort A. Noak:
Ausgleichsflächen erfüllen grundsätzlich nur dann den gewünschten Zweck, wenn sie hochwertig sind. Wenige gepflanzte Obstbäume, die später niemand pflegt, haben nur Alibifunktion, mehr nicht. Wenn der gewünschte Nutzen erreicht werden soll, dann bedarf es funktionaler Biotope wie Feuchtgebiete, Feldholzinseln und dergleichen. Im jeweiligen Einzelfall muss mit den Betroffenen und den Trägern der Belange der Landwirtschaft und des Natur- und Umweltschutzes eine allseits tragbare Lösung gefunden werden.
Antwort M. Groh:
Ausgleichsmaßnahmen können unterschiedliche Formen annehmen, weshalb meine Bemühungen für etwaige Maßnahmen der Landwirtschaft keinen Schaden zufügen sollen. Renaturierungsmaßnahmen, extensive Bewirtschaftung kommunaler Flächen von „geringerer“ Bonität oder die Anknüpfung an Biotopstrukturen auf kommunalen Flächen können Maßnahmen zur Schaffung von Ausgleichsflächen sein. Außerdem können bislang ungenutzte Flächen bspw. „Straßenbegleitgrün“ ebenfalls funktional gestaltet werden und neben der Chance als Ausgleich zu funktionieren einen positiven Effekt auf die ökologische Gestaltung der Stadt Korntal-Münchingen haben. Bei Projekten, welche von Investoren geführt werden, gilt es, bereits städtebauliche Maßnahmen zur Verpflichtung zur Herstellung von Ausgleichsflächen auf den eigenen Grundstücken zu verankern. Hierdurch können die Ressourcen der Landwirtschaft gespart werden.
8. Regionale Lebensmittelversorgung ist in aller Munde. Wie stehen Sie dazu und wie wollen Sie sich dafür einsetzen, dass weiterhin Lebensmittel in diesem Umfang mit geringem CO2-Fußabdruck hier vor Ort produziert werden können?
Antwort A. Noak:
Die Sicherung der regionalen Erzeugung von Grundnahrungsmittel hat einen sehr hohen Stellenwert. Die aktuelle politische Situation stellt dies unter Beweis. Deshalb muss der regionale Flächenverbrauch auf das allernötigste Maß beschränkt werden. Dies ist u.a. zu erreichen: durch das Heben von Innenverdichtungspotentialen, das Nutzen von Konversionsflächen und eine Mehrfachnutzung von Flächen durch intelligente Stapelnutzung. Zudem hat die Stadt im Rahmen ihrer rechtlichen und praktischen Möglichkeiten die Produktion und den Verkauf regionaler Produkte zu fördern.
Antwort M. Groh:
Regionale Lebensmittel sind eine Grundvoraussetzung für die Minderung unseres Fußabdrucks. Ich möchte die heimische Landwirtschaft erhalten, damit auch in Zukunft Obst und Gemüse aus Korntal-Münchingen stammen. Hierzu ist es notwendig, dass die Stadt keine Hürden beim Umbau von Betrieben zur Sicherung der Leistungsfähigkeit aufstellt. Um die Bürgerinnen und Bürger noch stärker daran zu erinnern, dass die Lebensmittel in geringster Entfernung praktisch vor der eigenen Haustüre produziert werden, könnte ich mir vorstellen, eine Kampagne dazu zu initiieren. Über das Ministerium für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz BW existiert bereits die Regionalkampagne „VON DAHEIM“, gemeinsam mit den landwirtschaftlichen Verbänden könnten entsprechende Rahmenprogramme gestaltet werden, um die Bürgerinnen und Bürger von Korntal-Münchingen zu sensibilisieren. Die stärkere Einbeziehung regionaler Lebensmittel in den Mensabetrieb der Stadt Korntal-Münchingen wäre zudem wünschenswert.
9. Haben Sie Ideen wie die Artenvielfalt z.B. von Insekten und Vögeln auf der Gemarkung Korntal-Münchingen (sowohl städtischer als auch ländlicher Bereich) gefördert werden könnte? Welche Vorschläge für konkrete Fördermöglichkeiten haben Sie?
Antwort A. Noak:
Die Stadt muss für den Bauhof klimaangepasste Pflanzkonzepte erarbeiten, welche die Förderung der Artenvielfalt berücksichtigen. Wertvoll ist die Aufklärung der Bürgerschaft und der Jugendlichen, wie im heimischen Garten hierfür einen Beitrag geleistet werden kann. Dies z.B. über artenfreundliche Bepflanzung, Insektenhotels, Nistmöglichkeiten etc. Ich befürworte eine effektive und finanzielle Unterstützung der Obst- und Gartenbauvereine und privater Grundstückseigentümer für die gezielte Neu-pflanzung von Bäumen als eine von vielen Möglichkeiten. Ich unterstützte Blührandstreifen und Feldinseln. Die Stadt kann hier finanzielle Ausgleichsleistungen erbringen. Insgesamt müssen unser Innenbereiche grüner werden. Hier müssen Architektonische Vorgaben gemacht werden. An einer positiven Einstellung der Bevölkerung und der Kommune zu diesem Themenbereich dürften keine Zweifel bestehen. Wir müssen in Biotopvernetzungsprojekte investieren und können dabei auch von Landes-, Bundes- und EU Programmen profitieren. Ökologische Zukunftssicherung bedarf einer konsequenten kommunalen Akzeptanz.
Antwort M. Groh:
Die Artenvielfalt ist eine entscheidende Säule des kommunalen Naturschutz. Insekten und Vögel sind wichtig für das gesamte Ökosystem, weshalb eine Sicherung geboten ist. Zunächst wäre hierbei erneut das sog. „Staßenbegleitgrün“ zu nennen. Blühstreifen, welche durch die Stadt Korntal-Münchingen gepflegt werden, bietet insbesondere Insekten ein angenehmes Habitat. Zudem könnte die Stadt an Standorten von geringerer Nährstoffqualität blütenreiche Magerrasen anlegen, welche als Lebensräume für die Tier- und Pflanzenarten zur Verfügung stehen. Weitere Möglichkeiten sind Brachflächen oder Steigerung der Streuobstbestände. Die Errichtung von Nistplätzen für Vögel an infrastrukturellen Gebäuden kann ebenfalls eine Förderung der Artenvielfalt darstellen. Als mögliches Förderprojekt möchte ich an dieser Stelle „Natur nah dran 2.0“ benennen, in der Förderung enthalten sind eine fachliche Schulung, Beratung bei der Planung, Pflanz- und Saatgut, Workshops zur Durchführung und Pflege sowie Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit.
10. Wie sind ihre Vorstellungen für die Pflege von städtischem Grün- und Baumbestand?
Antwort A. Noak:
Hier bedarf die Stadt dringend einer Neuausrichtung. Motiviertes und qualifiziertes Personal steht zur Verfügung. Die Überarbeitung der Organisation steht an. Für die ausreichende und gute Pflege von städtischem Grün- und Baumbestände ist es notwendig, dem Bauhof kategorisierte Pflegepläne und Grünflächenkataster zu erarbeiten. Um die Pflege zu optimieren und das Gießen intelligent zu betreiben, halte ich es für wichtig, zeitnah das LoRaWan-Netzt auszubauen und die Wasserversorgung über Sensoren zu überwachen. Es gibt einige positive Beispiele, wie innerörtliche Grünbestände so entwickelt werden können, dass sie den Aspekten des Klimawandels wie der Artenvielfalt Rechnung tragen können. Gleichzeitig lässt sich der Pflegeaufwand minimieren. Die Stadt Donzdorf ist in diesem Sinn neue Wege gegangen und hat gute Erfolge erzielen können. Was spricht dagegen, von anderen zu lernen? Kinderkrankheiten lassen sich so vermeiden. Gerne würde ich Gemeinderat und Vereine, Naturschutz und Landwirtschaft zu einer Kreativtour einladen, um abzuschauen, was man besser machen kann.
Antwort M. Groh:
Bei der Pflege von städtischen Grün- und Baumbeständen ist umfangreich und erfordert viel Fachwissen. Mir ist es wichtig, dass der kommunale Bauhof an dieser Stelle endlich optimiert wird und die Kolleginnen und Kollegen speziell für die Vielfalt vorbereitet werden. Die Möglichkeit von Pflegepatenschaften möchte ich ebenfalls stärker in die Diskussion einfließen lassen, hierdurch hätte die Stadt die Chance, dass die diversen Flächen mit viel Leidenschaft gepflegt werden. Bei der Einbeziehung von ehrenamtlichen Bürgerinnen und Bürgern oder Vereinen, wäre zudem die Grundvoraussetzung bei der Bewältigung der Pflege. Eine entsprechende Entschädigung für die Leistungen der Ehrenamtlichen muss dabei gewährleistet werden.
11. Wie stehen sie zu den Umweltprogrammen der Stadt?
Antwort A. Noak:
Hierzu verweise ich auf meine obigen Ausführungen. Die Umweltschutzprogramme der Stadt würde ich zunächst auf ihre Aktualität überprüfen und neuen Erkenntnissen anpassen. Ich betrachte den Natur-, Umwelt- und Klimaschutz als eine kommunale Pflichtaufgabe. Ich würde diese Aufgabe gerne zur Chefsache machen. Mein Ziel wäre es, zu definieren, wann Korntal-Münchingen Klimaneutralität erlangen kann und wie die Lösungen aussehen können, um dies zu erreichen. Hierzu gehört auch eine Zentralisierung der Zuständigkeiten für Umwelt- und Klimaschutz sowie die kommunale Wärmeplanung.
Antwort M. Groh:
Die bisherigen Umweltprogramme sind meiner Meinung nach überwiegend theoretischer Natur. Als Stadt Korntal-Münchingen müssen wir dringend in Maßnahmen und deren zügiger Umsetzung investieren, damit die angestrebten Ziele eingehalten werden können. Insbesondere in den unmittelbar stattfindenden Diskussionen nimmt diese Forderung nach Maßnahmen deutlichere Formen an, jedoch ist die Stadt Korntal-Münchingen noch einen großen Schritt von der effektiven Abarbeitung der offenen Punkte entfernt. Die Ausstattung von kommunalen Dächern mit PV-Anlagen, die Begrünung der Innenstädte, die energetische Sanierung von kommunalen Liegenschaften und die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger wären enorm wichtig für den Erfolg von Umweltprogrammen mit konkreten Maßnahmen. Ich wünsche mir hierbei ebenfalls die Unterstützung von Interessensvertretern, da gewisse Maßnahmen kurzfristige Effekte aufweisen (Wechsel auf LED-Beleuchtung und Senkung des Stromverbrauchs) jedoch einige Maßnahmen (Begründung der Stadt) in sinnvoller Abstimmung und unter Einbeziehung von ökologischen Aspekten stattfinden müssen. Das vorhandene Naturschutz- und Landschaftspflegeprogramm sollte zudem zwingend überarbeitet und die wichtige Arbeit, in den Bereichen der Bewirtschaftung von Randstreifen, dem Wiesenschutzprogramm, dem Erhalt landschaftsprägender Streuobstwiesenbestände und den Erhalt landschaftsprägender Einzelbäume, gestärkt werden.
12. Wie wollen sie Korntal-Münchingen fit für die absehbaren Folgen des Klimawandels machen? Stichworte Extremwetterereignisse, Temperaturanstieg, Verknappung Trinkwasserressourcen…
Antwort A. Noak:
Die Folgen des Klimawandels können nur bekämpft werden durch eine Vielzahl von umfassenden Maßnahmen, die zu den vorangegangenen Fragen zu großen Teilen bereits angesprochen wurden.
Beispielhaft: Zisternen, klimaangepasste Pflanzkonzepte, Biotopvernetzung, Solaroffensive, kommunale Wärmeplanung, natürliche Beschattung, Frischluftschneisen, Steigerung der Biodiversität, Ausbau ÖPNV, Elektrifizierung etc. Unsere Stadt kann den großen ökologischen Herausforderungen der Zukunft nur gerecht werden, wenn alle Beteiligten: Gemeinderat und Verwaltung, die Träger öffentlicher Belange und die Bürgerschaft, an einem Strang ziehen. Das "Wir" muss im Zentrum unseres Handelns stehen.
Antwort M. Groh:
Um auf Extremwetterereignisse und Temperatursteigerungen vorbereitet zu sein, ist der Umbau der Stadt für ein besseres Klima zwingend erforderlich. Durch Begrünung der Stadt (auch mit kleinen Maßnahmen – Dachflächen von Garagen) kann das Klima in den Ballungsgebieten verbessert werden. Das Risiko für Starkregen ist in den letzten Jahren enorm gestiegen, weshalb die Stadt Korntal-Münchingen zwingend Regenrückhaltungen auf die Funktionsfähigkeit überprüfen muss und ggf. diese erweitern sollte. Gemeinsam mit der TU Tübingen könnte ich mir Projekte zur Verbesserung der Risikoabwägung und der Trinkwasserressourcen vorstellen. „Die Gemeinde Untermünkheim hat u.a. mit der TU Tübingen die Geschiebepotentiale ermittelt, um Maßnahmen treffen zu können (eine der Pilotkommunen in BW) und potentielle Gefahren durch Rutschungen frühzeitig zu erkennen.“ Meiner Meinung nach müssen die Städte explizit den Bevölkerungsschutz in diesem Zusammenhang stärken.
13. Welche Möglichkeiten sehen Sie den zunehmenden Konflikt zwischen Freizeitsport, Erholung, Naturschutz und der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen zu lösen?
Antwort A. Noak:
Ein sehr wichtiger Aspekt für die Bewältigung der Konflikte sehe ich in der Aufklärung. Eine friedliche Co-Existenz ist nur zu erreichen, wenn gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme praktiziert wird. Hier ausgleichend zu Wirken ist Aufgabe der Stadt, welche die Interessen der jeweiligen Nutzergruppe gerecht zu beurteilen hat.
Antwort M. Groh:
Durch meine Verbindung zum Reitsport und meine Unterstützung in der Heu- und Strohernte erlebe ich im Bereich Freizeitsport, Erholung und der Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen regelmäßig Konflikte. Ich bin überzeugt davon, dass die Bürgerinnen und Bürger stärker sensibilisiert werden müssen. Grundsätzlich sehe ich keinen gravierenden Konflikt zwischen den Bereichen Naturschutz und Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen. Im Bereich der Landschaftspflege leisten die landwirtschaftlichen Betriebe von Korntal-Münchingen großartige Arbeit. Der Ausbau von Radwegen zur Entlastung von Feldwegen führt uns zwangsläufig dazu, dass hierbei weitere landwirtschaftliche Flächen verloren gehen. Fraglich ist an dieser Stelle, ob hierfür eine grundsätzliche Bereitschaft vorhanden wäre, damit der Fahrrad- und Fußgängerverkehr neben dem landwirtschaftlichen Verkehr bestehen kann. Als Bürgermeister der Stadt Korntal-Münchingen möchte ich die Gespräche mit den Interessensvertretungen sowie den Eigentümerinnen und Eigentümern der landwirtschaftlichen Flächen suchen, um eine geeignete Lösung herbeizuführen.
14. Welche Maßnahmen könnte die Stadt Korntal-Münchingen ergreifen, um den ÖPNV für die Gesamtstadt insbesondere aber auch für den Stadtteil Kallenberg (Müllerheim) zu verbessern? Halten Sie es für realistisch einen Ausbau in Zusammenarbeit mit der SSB zu erreichen?
Antwort A. Noak:
Die Stadt investiert viel in den ÖPNV. Und das ist gut so. Korntal ist sehr gut an den ÖPNV angeschlossen. Durch den Beitritt zum Zweckverband Strohgäubahn hat auch Münchingen einen schienengebundenen ÖPNV-Anschluss erhalten. Die jährliche Aufwand für die Stadt hierfür beläuft sich auf rund 500 T€.
Damit Münchingen in die Tarifzone 1 der VVS mit aufgenommen wird zahlt die Stadt KM seit 2020 einen jährlichen Verlustausgleich an die VVS in Höhe von ca. 60 T€. Durch Beharrlichkeit wurde die Nachtbusanbindung für Kallenberg erreicht. Eine schienengebundene Anbindung des Stadtteils Kallenberg und Müllerheim bekommt ehrlicherweise nur durch die Realisierung des Regionalen Gewerbeschwerpunktes eine Chance. Für die Verkehrsbetriebe laufen alle Überlegungen einer Netzerweiterung immer auf eine Wirtschaftlichkeitsberechnung hinaus, die zu erreichende Fahrgastzahlen zu Grunde legen. Ein Ringschluss der U15 Stammheim und Stadtbahn Ludwigsburg nach Schwieberdingen ist erst mit dem RGS realistisch.
Antwort M. Groh:
Es wäre ein enormer Zugewinn für Kallenberg (Müllerheim) sowie die gesamte Stadt Korntal-Münchingen, wenn die Vernetzung mit der SSB ermöglicht werden könnte. Der Ausbau der Schieneninfrastruktur erfolgt über mehrere Jahre (Jahrzehnte) oftmals sind diverse Behörden auf Bundes-, Landes-, Regional- und privatwirtschaftlicher Ebene ebenfalls am Tisch. Für mich wäre der Anschluss ein Quantensprung, welcher hartnäckig verfolgt werden sollte. Ich denke durch die Nähe zu Stammheim und Zuffenhausen (U15) könnte durchaus eine Verbindung entstehen. Hierbei wäre mir eine enge Planung gemeinsam mit den Naturschutzverbänden und der Landwirtschaft enorm wichtig, da eine Trassenführung sicherlich nicht ohne Belastung von Flächen außerhalb der Siedlungen möglich wird.